Der Mandant kam mit einer Anklageschrift zum Schöffengericht des Amtsgerichts Karlsruhe und beauftragte mich mit seiner Verteidigung in diesem Verfahren. Angeklagt waren zwei tatmehrheitliche Fälle wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, jeweils mit einer nicht geringer Menge.
Einige Monate zuvor: Aufgrund von anonymen Hinweisen wurde ein betagter Großdealer verhaftet. Bei der Eröffnung seines Haftbefehls holte er zum großen Rund-Um-Schlag aus, gestand eigene Straftaten und bezichtigte eine Vielzahl an bislang unverdächtigen Personen. Konfuse und völlig undetaillierte Angaben (…der hat auch irgendwann mal vielleicht 100 oder 200 Gramm bei mir gekauft…) nahm die Staatsanwaltschaft gerne auf, hinterfragte natürlich nicht und bastelte an einer Anklage zum Schöffengericht, da ja vermeintlich ein Verbrechenstatbestand vorgelegen habe. Die erforderliche Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm reinem THC ermittelte man im Wege der Schätzung – natürlich zu Lasten des Mandanten.
Die Einlassung des Mandanten wurde – wie üblich – zunächst als Schutzbehauptung qualifiziert, denn sie passte ja nicht in das „perfekt ermittelte Beweisergebnis“ der Anklagebehörde. Dieser führte aus, daß zwar Betäubungsmittelgeschäfte stattgefunden haben; diese lagen allerdings nur in einem sehr kleinen Umfang vor, was auch mit einem Strafbefehl erledigt hätte werden können. Dann sagte der Dealer als Zeuge aus. Es stellte sich heraus, daß er vor dem Hafttermin stundenlang verhört worden war, eine schlaflose Nacht in einer Arrestzelle hatte, die er auf einem Betonboden verbringen musste. Danach war ihm alles egal und er räumte beliebige Vorwürfe ein, nur um seine Ruhe haben zu dürfen. Mein Mandant wurde vor Gericht vom Zeugen erheblich entlastet.
Das Verfahren nahm also ein gerechtes und gutes Ende. Aber: Das Gericht und die Staatsanwaltschaft glaubten zunächst die Variante des Mandanten nicht, alleine weil eine anderslautende Aussage vorgelegen hat. Man kann sich nun seine eigenen Gedanken darüber machen, wie oft eine falsche und belastende Aussage eines Zeugen auch vor Gericht wiederholt wird und dies dem Angeklagten zum Verhängnis wird.